Von der sexuellen Vielfalt zum Insektensterben

Jahresmedienmitteilung

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Das zweitbeste Geschäftsjahr in der Museumsgeschichte: Das Naturhistorische Museum Bern freut sich über ein äusserst erfolgreiches 2022 im Zeichen von «Queer» und blickt 2023 einer neuen Sonderausstellung und frischen Museumsräumen zum Experimentieren und Entdecken entgegen.

141’357 Gäste verzeichnete das Naturhistorische Museum Bern NMBE im Jahr 2022 (Vorjahr: 124’337) – das ist das zweitbeste Ergebnis in der Museumsgeschichte. Einmal mehr zum erfreulichen Besuchererfolg beigetragen hat die Sonderausstellung «Queer – Vielfalt ist unsere Natur» über die Vielfalt der Geschlechter und der sexuellen Ausrichtung bei Tieren und Menschen. Nachdem sie 2021 bereits den Prix Expo 2021 der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz SCNAT entgegennehmen konnte, wurde die Sonderschau 2022 mit einem Diversity Award geehrt. Am 19. März 2023 geht «Queer» im Museumsraum zu Ende, online kann die Ausstellung dank unseres virtuellen Rundgangs weiterhin besucht werden.

Bereits im November ihre Tore geschlossen hat die Sonderausstellung «Weltuntergang – Ende ohne Ende». Fünf Jahre lang schlug sie in sieben thematischen Räumen den Bogen von sachlicher Analyse über Prophezeiungen und Spekulationen bis zu offener Lust am Untergang. 

In Bezug auf die Veranstaltungen freuten wir uns nach zwei Pandemiejahren über die Rückkehr zum Normalbetrieb. Ob mit der Podiumsreihe zu den 2022 aufgefrischten und neu kontextualisierten Dioramen «Tiere Afrikas» und «Tiere der Schweiz», mit den Konzerten im Skelettsaal, mit den Tiergeschichten für Kinder oder mit der kultigen Wissenschaftsshow «Winterbergs Bestiarium»: Wir freuten uns, dem Publikum ein vielseitiges Programm bieten zu können.

Leider erreichte uns im Dezember 2022 die erschütternde Nachricht, dass der Schauspieler Uwe Schönbeck, der 19 Jahre lang das NMBE-Publikum mit seiner Rolle als Hausmeister Winterberg erfreute, nach kurzer Krankheit im Alter von 63 Jahren verstorben ist. Wir vermissen ihn sehr.

Ausblick auf 2023: Neue Räume und neue Ausstellungshighlights


Ab Oktober 2023 dreht sich im Naturhistorischen Museum alles ums grosse Insektensterben. Die neue Sonderausstellung «Insektensterben» will die Gründe dafür ins Bewusstsein rücken, zeigen, was Biodiversität und eine vielfältige Natur tatsächlich bedeuten, und über Massnahmen diskutieren, mit denen der dramatische Rückgang bei den Insekten gestoppt werden kann.

Im Frühjahr geht die Ausstellung «5 Sterne» zu Ende. An deren Stelle werden ab Ende März spektakuläre Mineralstufen einer Nachlass-Sammlung sowie eine Auswahl von Twannberg-Meteoriten – Resultat eines Forschungsprojektes des NMBE – gezeigt.

Im Bereich Bildung und Vermittlung steht eine grosse Eröffnung an: In den Räumlichkeiten der ehemaligen Entdeckerecke entsteht mit dem «Naturlabor» ein neuer Museumsteil. Dort werden eine interaktive Ausstellung, eine Arena und ein Atelier individuellen Besuchenden ab 8 Jahren sowie Schulklassen Raum bieten für Experimente, Entdeckungen und kreative Arbeiten. Die Eröffnung wird am 23. April 2023 gefeiert.

Ebenfalls im April laden wir zum grossen «Pubquiz im Skelettsaal»: Vom 26. bis am 28. April 2023 testet unser Moderationstrio das (Natur-)Wissen der Gäste. Durch den ersten Quizabend führt der Kabarettist und Schriftsteller Christoph Simon, gefolgt vom Mundartpoeten Marco «Güsche» Gurtner. Am letzten Abend fühlt die Schweizer Quizshow-Königin herself dem Publikum auf den Zahn: Susanne Kunz.

Wie im vergangenen Jahr werden wir auch 2023 mit den benachbarten Kulturinstitutionen im Rahmen des Projekts «Museumsquartier Bern» weiter zusammenrücken. Über gemeinsame Veranstaltungen informieren wir an dieser Stelle.

Forschung: 50'000 Spinnen, popelnde Primaten, seltene Ameisen


In der Forschung hat das NMBE auch 2022 bewiesen, wie international bedeutend seine Tätigkeit ist:

Im Mai wurde im World Spider Catalog WSC mit Sitz im Naturhistorischen Museum Bern die 50'000. Spinnenart erfasst: Guriurius minuano. Die gesamte wissenschaftliche Literatur zur Taxonomie (die Wissenschaft, die sich mit der Beschreibung, Benennung und Ordnung von Lebewesen befasst) von Spinnen wird hier erfasst und zur freien Verfügung gestellt.

Von welch internationaler Bedeutung unsere Sammlung ist, zeigt auch eine im Juni veröffentlichte Studie mit Beteiligung des NMBE. Diese belegt, dass die meisten Hunde den eiszeitlichen Wölfen, die in Sibirien lebten, am ähnlichsten sind. Dafür wurden unter anderem ein Wolfsschädel aus der Sammlung des NMBE sowie die umfangreiche Hundesammlung des Museums untersucht.

Unsere Erdwissenschaftliche Abteilung stiess 2022 in einem Bohrkern auf die fossilen Überreste eines Pelagosaurus (Pelagosaurus typus) – ein Erstfund dieser Art für den Schweizer Jura. Aus den Freiburger Alpen stammt das Fossil des ersten und einzigen Quastenflossers aus der frühen Jurazeit, der je in der Schweiz gefunden wurde. Seit 1873 befindet es sich in der Sammlung, 2022 wurde es nun wissenschaftlich untersucht. Eigentlich wäre das Raumfahrtprojekt «ExoMars» am 20. September 2022 gestartet – mit dem Ziel, nach möglichen Spuren von Mikroorganismen auf dem Mars zu suchen. An der Entwicklung der entsprechenden Kamera waren auch Wissenschaftler des Museums beteiligt. Aufgrund der russischen Invasion in der Ukraine musste der Start auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Statt Aufnahmen vom Mars zeigt das Museum darum seit letztem Herbst einen Dokumentarfilm über die Hintergründe des Projekts.

Des Weiteren konnten im Rahmen des Projekts «Berner Waldameiseninventar» alle im Kanton lebenden sechs Ameisenarten identifiziert werden, darunter die seltene Strunkameise (Formica truncorum). Unserer Säugetierspezialistin gelang es, das Nasenpopeln bei der Primatenart Aye-Aye (Daubentonia madagascariensis) nachzuweisen. Und mit der Publikation «A Guide to the Tadpoles of Borneo» stellt eine internationale Forschungsgruppe mit NMBE-Beteiligung 99 Kaulquappen-Arten vor, die sie auf Exkursionen während 20 Jahren auf der südostasiatischen Insel angetroffen hat – die meisten davon waren bisher unbekannt.

Auch im neuen Jahr sind die Wissenschaftler:innen des NMBE unterwegs, um Neues zu entdecken, Bekanntes zu hinterfragen und Forschungslücken zu schliessen. Im Rahmen von thematischen Führungen erlauben sie spannende Einblicke hinter unsere Kulissen. Zudem wird die Sammlung weiter aufgearbeitet: Im Rahmen von «Schweizer Netzwerk Naturhistorische Sammlungen» (SwissCollNet) unterstützt die SCNAT Museen bei der Erschliessung ihrer naturhistorischen Sammlungen – so auch das NMBE. Bleiben Sie auf dem Laufenden.