Zeitloses erschaffen, mit der Zeit gehen: Das Präparatorium in unserem Museum

Sammlung

Sie bauen, pflegen und restaurieren Präparate. Vom Fell über das Skelett, zum Ausstellungszweck oder für die Wissenschaft – die Arbeit von Präparator:innen ist breit gefächert. Das Ziel ist, Tierkörper möglichst naturgetreu und langfristig zu konservieren. Dieser Aufgabe geht das Präparatorium des Naturhistorischen Museums der Burgergemeinde Bern seit über 100 Jahren nach. Und auf diesem Weg hat sich so einiges gewandelt.

Das Präparatorium des Naturhistorischen Museums der Burgergemeinde Bern genoss von je her internationale Anerkennung. Ausgezeichnete Präparatoren, wie Georg Ruprecht (1887–1968), waren Teil von einer Dermoplastikertradition, welche die Gestaltung des Museums entscheidend mitprägten. Die Dermoplastik ist eine Technik zur Haltbarmachung von Wirbeltieren im Bereich der Schaupräparation. Das heisst, dass die Präparate in Ausstellungen zu sehen sind und deshalb besonders naturgetreu aussehen sollen. In den Jahren 1923-1924 vermachte der Grosswildjäger Bernard von Wattenwyl seine ganze Jagdbeute der Afrikaexpedition dem Haus, was sich als Meilenstein für das Museum erwies. Fachpersonen schätzten die Präsentation dieser afrikanischen Grosstiere in Schaukästen, sogenannten Dioramen, als naturgetreu und besonders zeitlos ein. Auch bei Besucher:innen stossen die Dioramen auf grossen Anklang.

Sammlungen als Zeitzeugen

An seinen heutigen Standort zog das Museum im Jahre 1936. Durch die Neueröffnung an der Bernastrasse ergab sich die Gelegenheit, die Präparate in Dioramen auszustellen und damit neue Wege in der Ausstellungstechnik zu bestreiten. Die Aufgabe der Präparator:innen besteht heute in der Pflege und Erhaltung dieses Kulturgutes. Der aufkommende Naturschutz sowie die schwindende Artenvielfalt führen zu einem Umdenken in der Sammlungstätigkeit. Dieser Wandel zeichnet sich ebenfalls im Berufsbild von Präparator:innen ab. Konservierungsfragen gewinnen an Bedeutung und lassen Sammlungen als Dokumentation und Archiv der Artenvielfalt in den Mittelpunkt rücken.

Lösungsorientiert

Da Konservierungstechniken in ihrer breiten Palette umfangreiches Wissen abverlangen, werden gegebenenfalls externe Fachleute beigezogen um Lösungsansätze auszuarbeiten. Im Bereich der giftfreien Schädlingsbekämpfung nimmt das Präparatorium unseres Museums eine führende Position ein. Ein ausgeklügeltes Monitoringsystem mit klar definierten Prozessen und zielgerichteter Kontrolle ermöglicht das ständige Überwachen des Schädlingsbefalls. Dank dieser umfangreichen Kenntnis von modernen und natürlichen Konservierungstechniken kann das Atelier auf belastende Biozide verzichten. Die Arbeitsgruppe Biozide des Verbandes für Naturwissenschaftliche Präparation erarbeitet unter der Leitung von unserem Präparator Martin Troxler mit verschiedenen Behörden die Richtlinien für den Umgang mit belasteten Objekten aus.

Forschen, oder doch lieber bestaunen?


Säurefreie Materialien, wie beispielsweise Gips, sind alterungsbeständig und bleiben erfahrungsgemäss über eine lange Zeit erhalten. Besonders für wissenschaftlich relevante Objekte müssen solche alterungsbeständige Materialien verwendet werden. Diese Präparate befinden sich in unserer Sammlung, wo sie gekühlt, staubfrei und vor Licht geschützt gelagert werden.

Präparate für die Bildung und Vermittlung dienen als Schulungsmaterial. Daher kommen in diesem Bereich moderne und weniger langlebige Kunststoffe zum Einsatz, wodurch Arbeitszeit und Kosten gespart werden können. Durch das Anfassen oder die erhöhte Lichtexposition können bei solchen Objekten mittel- bis langfristig Schäden entstehen. In Anbetracht des Mehrwerts für Besucher:innen, wird dies jedoch dort bewusst in Kauf genommen, wo die Objekte nicht unwiederbringlich sind.  

Der Weg in die Sammlung, ins Diorama oder ins Glas


Unsere Präparator:innen haben stets dasselbe Ziel im Hinterkopf. Vom Fisch bis theoretisch zum Elefant – stets tun sie sich daran, ein Objekt möglichst langfristig und je nach Aufgabe auch lebensgetreu zu konservieren. Dazu gehört der Erhalt der Form, der Struktur und der Färbung eines Objektes. Je nachdem, ob das Präparat dem Sammlungs- oder Ausstellungszweck dient, unterscheidet sich der Arbeitsprozess deutlich.

Hautkonservierung

Seit Jahren widmet sich unser Präparatorium der Gerbereitechnik, also der Haltbarmachung von Haut. Präparator:innen verarbeiten dabei rohe Haut zu einem Werkstoff, welcher ihrem Vorhaben zugeschnitten ist. Dies lässt sich mit den Unterschieden zwischen der Herstellung eines Lederschuhs und der Herstellung einer Lederjacke vergleichen. In Zusammenarbeit mit der Gerbereischule in Reutlingen wurden technische Standards für die zoologische Präparation entwickelt und im Handbuch für das zoologische Präparatorium «Hautkonservierung» veröffentlicht.

Knochenpräparation

Die Herstellung von Knochenpräparaten für Sammlungszwecke bringt hohe Anforderungen für die Konservierungstechnik mit sich. Unter anderem sollten die in Knochen enthaltenen Fette vollständig entfernt werden. Nur so sind Knochenpräparate auch wirklich langfristig lagerungsfähig. In Zusammenarbeit mit anderen Institutionen entwickelte das Präparatorium zudem eine einzigartige und völlig neue Knochenentfettungsanlage, welche 2019 installiert wurde.

Dermoplastik

In der Dermoplastik, ein Teilbereich der Taxidermie, bilden Präparator:innen aus Gips oder Kunststoff Tierkörper von meist grösseren Wirbeltieren nach. Anschliessend ziehen sie der Nachbildung die konservierte Originalhaut über. Das Arbeiten mit Röntgenvideos des Instituts für angewandte Zoologie in Jena brachte das Präparatorium in diesem Gebiet einen entscheidenden Schritt vorwärts. Die Röntgenvideos verbessern die anatomische Richtigkeit der Objekte deutlich, da sie das Verhalten eines Skeletts nicht bloss als Momentaufnahme, sondern in Bewegung abbilden.

Flüssigkeitspräparation

Auch im Bereich der Flüssigkeitspräparation und Verschlusstechnik für Flüssigkeitspräparate hat sich das Präparatorium aufgrund eines Projektes, dem Project Lac, eine hohe Methodenkompetenz erarbeitet. Das Project Lac verfolgt das Ziel, die Artenvielfalt von Fischen in Schweizer Seen zu erfassen. Die Glasgefässe werden nicht bloss wie anhin lediglich zugeschraubt oder abgedeckt, sondern im Unterdruck korrekt und dauerhaft verschlossen. Dies verhindert die Verdunstung und die chemische Zersetzung der Flüssigkeit, da kein Austausch mit Sauerstoff stattfinden kann.

Die vier Grundpfeiler der Ausbildung
Der wichtigste Lernbereich ist die Konservierungstechnik: die möglichst dauerhafte Haltbarmachung des biologischen Materials. Die Materialkunde ist ein weiterer wichtiger Bestandteil der Ausbildung zur Präparatorin oder zum Präparator. Aber auch die anatomischen Kenntnisse über die Bewegung von Tieren gilt es zu schulen. Dazu setzten sich Lernende unteranderem mit der Beobachtung und Interpretation von Tierbildern und -videos auseinander. Weiter steht das  plastische Gestalten auf dem Programm. Gefördert wird das massstabgetreue Modellieren oder das Schnitzen.

Förderung von zukünftigen Präparator:innen

Für das Präparatorium des Naturhistorischen Museum Bern ist das Engagement in der Berufsnachwuchsförderung ein grosses Anliegen. Für den Kleinberuf «Präparator:in» fehlt eine staatliche Anerkennung und somit auch eine staatliche Unterstützung. Infolgedessen gibt es in der Schweiz an keinen Berufsschulen oder sonstige Bildungsinstitutionen einen Lehrgang im Bereich der Tierpräparation. Um diesem Fehlen entgegenzuwirken, bietet das Präparatorium des Naturhistorischen Museum Bern seit Jahren in periodischen Abständen Ausbildungsplätze an.