Das Fossilfragment nach 4 Stunden Präparation (links) und zum heutigen Stand. Der Bohrkerndurchmesser beträgt 96 Millimeter.

Mit Backpulver das fossile Krokodil sichtbar machen

Erdwissenschaften

Unser Paläontologe Bernhard Hostettler hat ein einmaliges Fossil bestimmt. Im Interview verrät er, wie er das 180 Millionen Jahre alte Krokodil präpariert und warum der Fund für die Schweiz so speziell ist.

Um ein sicheres Endlager für radioaktive Abfälle zu bestimmen, hat die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle Nagra während drei Jahren die Nordschweiz (Jura Ost, Nördlich Lägern und Zürich Nordost) durchlöchert. Die Ausbeute: mehr als sechs Kilometer Bohrkerne, jeweils unterarmdick und rund einen Meter lang, wie die Nagra letzte Woche mitteilte. Etwa 5000 solcher Proben wurden entnommen, um die Fossilien, Mineralien, Pollen, Mikro-Brüche oder das eingeschlossene Wasser zu analysieren. Dabei stiessen die Forscher:innen auf ein seltenes Fossil – einen Pelagosaurus. Bestimmt wurde der Schweizer Erstfund vom Paläontologen Bernhard Hostettler, Mitarbeiter des Naturhistorischen Museums Bern.

Bernhard Hostettler, wem fiel zuerst auf, dass es sich um einen besonderen Fund handelt? 

Eine externe Sedimentologie-Gruppe und andere Expert:innen haben den Kern vor mir angeschaut, es wurde mir vorgängig mitgeteilt, dass wahrscheinlich ein Fisch in der Bohrung sei. Ich habe bei der Befahrung des Kerns aufgrund der Knochenquerschnitte festgestellt, dass es sich um ein Krokodil handeln muss.

Was macht den Fund für die Schweiz so bedeutend? 

Wenn es sich tatsächlich um das Krokodil Pelagosaurus typus handelt, wie ich vermute, wäre dies ein Erstfund dieser Art für den Schweizer Jura.

Wie sind Sie beim Bestimmen der Knochen vorgegangen? 

Im Querschnitt sind mir vor allem die Panzerplatten mit der löchrigen Struktur auf der Oberseite aufgefallen. Sie sind typisch für gewisse Krokodile. Im jetzigen Zustand habe ich das Objekt mit einem ähnlich grossen Fund der Art verglichen.

Wie alt genau ist das Fossil? 

Das Alter des Krokodils beträgt ungefähr 180 Mio. Jahre. Es stammt aus der Staffelegg-Formation, Rietheim-Member, aus dem «unteren Schiefer».

Wie haben Sie die Knochen freigelegt? 

Die Knochen habe ich mit einem feinen Druckluftstichel und einem Feinstrahlgerät freigelegt. Als Strahlmittel wurde Backpulver benutzt.

Nach welchen Kriterien entscheiden Sie, an welchen Stellen Sie weiter freilegen wollen und welche Stellen Sie so belassen, wie sie gefunden wurden? 

Das Krokodil war vollständig mit Schiefer bedeckt und steckt zudem in einer Konkretion. Ziel ist es, das Skelett so weit wie möglich freizulegen.

Wie lange dauerte Ihre Arbeit an diesem Fundstück? 

Bis jetzt ungefähr 9.5 Stunden. Durch Covid wurde die Arbeit vorübergehend unterbrochen. Sie wird aber bis zur Fertigstellung noch etliche Zeit in Anspruch nehmen.

Bleibt es bei diesem Fragment oder folgen weitere Bohrungen, um mehr Teile des Krokodils ans Tageslicht zu befördern?

Es bleibt bei diesem Fragment. Die Kosten einer Bergung würden den Wert des Krokodils um ein Mehrfaches übersteigen.

7.2.2022