Tierschmuggel – tot oder lebendig (27. November 2015 – 31. Mai 2017)

Naturhistorisches Museum Bern

Tierschmuggel
NMBE/Schäublin

Vom 27. November 2015 bis zum 26. Juni 2016 zeigte das Naturhistorische Museum der Burgergemeinde Bern die Sonderausstellung «Tierschmuggel – tot oder lebendig». Sie zeigt Objekte, die am Schweizer Zoll konfisziert wurden. Sie erzählt unglaubliche Episoden, wie Schmuggler ihre Ware zu verstecken versuchen. Und sie deckt überraschende Hintergründe auf – etwa, dass man in gewissen Fällen eine Tierart auch gefährden kann, wenn man sie unter Schutz stellt.

Die Ausstellung holt die Besucherinnen und Besucher dort ab, wo sie vielleicht selbst schon mal zu Tierschmugglern wurden: am Flughafen. Danach werden sie auf eine bewegende Reise geschickt durch das vielschichtige Thema Tierschmuggel. Und durch eine Ausstellung, die schockiert, berührt, verblüfft und von trauriger Aktualität ist. Tierschmuggel gehört zu den lukrativsten Verbrechen, nur der Drogen- und Waffenhandel sind umsatzstärker als der illegale Handel mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten. Gerade auf dem afrikanischen Kontinent hat die Wilderei in jüngster Zeit erschreckende Ausmasse angenommen. Aber Tierschmuggel kann in manchen Fällen auch bloss eine Lappalie darstellen. Die Mehrzahl der «Schmuggler» sind Touristen – und etliche von ihnen wissen nicht einmal, dass sie eine Straftat begehen. Davon erzählt der Touristen-Shop in der Ausstellung, der verbotene Mitbringsel feilbietet. Die Besuchenden können Exponate in die Hände nehmen – eine Gelegenheit, die in der Ausstellung mehrmals geboten wird. Dem Ausstellungsteam des Naturhistorischen Museums ist es ein Anliegen, dass die Besuchenden auch einmal ein wertvolles Fell oder einen schweren Elfenbein-Zahn in den Fingern halten können – um die Faszination zu verstehen, die von diesen Produkten ausgeht.

Als nächstes wartet der Zoll – und eine interaktive Installation, in der die Besuchenden in Gepäckstücken geschmuggelte Produkte entdecken müssen. Sie steht für die Herausforderung der Behörden, den findigen Methoden der Schmuggler auf die Schliche zu kommen. Und dann das Herzstück der Ausstellung: die Asservatenkammer. Auf den ersten Blick ein edler Spiegelschrank, öffnet sich wie von Zauberhand die Sicht auf ein nüchternes Lager mit unzähligen Objekten. Schlangenleder, Elfenbein-Figuren, seltene Muscheln. Hinter jedem dieser Objekte stehen ein Tier und eine Geschichte, stecken Leid und soziale, ökonomische oder ökologische Problematiken.

Ein roter Faden durch die Ausstellung: über den Haufen geworfene Vorurteile 

Ab hier verlässt man die noble Flughafen-Atmosphäre endgültig, im Hauptraum dominiert die rohe Kulisse des Frachtbereichs. Auch inhaltlich blicken die Besuchenden «hinter die Fassade»: Hintergründe werden beleuchtet und Vordergründiges hinterleuchtet. Thematisiert werden etwa der Handel mit Elfenbein und Nashorn, Buschfleisch oder die asiatische Medizin, die riesigen Mengen an geschützten Wildtieren zu Pulver und Pillen verarbeitet. Je tiefer man ins Thema dringt, umso mehr verschwimmen schwarz und weiss, Gut und Böse: Die Ausstellung wirft Vorurteile über den Haufen – Brüche mit gängigen Vorstellungen ziehen sich wie ein roter Faden durch die Schau. Das zeigt etwa das Beispiel des Bindenwarans, die Art ist zwar geschützt, der Handel ist aber erlaubt, sofern die Population dadurch nicht gefährdet wird. In Südostasien wird der bis zu drei Meter grossen Echse intensiv nachgestellt – das Leder wird etwa für Armbanduhren verwendet. Die Tötung und Häutung der Tiere geschehen teilweise unter brutalen Bedingungen. Dennoch stellt die Jagd auf die Warane eine Einkommensmöglichkeit für die arme Landbevölkerung dar. Die meisten durch CITES geschützten Tier – und Pflanzenarten stammen aus Entwicklungsländern. Dort sichert der Verkauf von «Naturprodukten» Vielen das Überleben. Wenn kein Handel mehr erlaubt ist, gelten die Wildtiere nicht mehr als Einkommensquelle, sondern oft als Schädlinge, die es auszurotten gilt. Schutz und Nutzen sind deshalb untrennbar verbunden.

Aus dem Alltag eines Artenschützers: Bruno Mainini erzählt Episoden im Audio-Guide

Der Grossteil der Objekte stammt aus der Asservatenkammer des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Was an der Grenze oder bei Razzien konfisziert wird, landet im Lager in Liebefeld bei Bern. Für die Ausstellung hat das BLV die Konfiskate zur Verfügung gestellt. Das BLV stand zudem dem Ausstellungsteam des NMBE beratend zur Seite – in der Person von Bruno Mainini, stv. Leiter des Bereichs Artenschutz und Leiter der internationalen Walfangkommission. Dass der Artenschützer Mainini und seine Kollegen keine Schreibtischtäter sind, beweist eindrücklich ein Audio-Guide, der durch die Ausstellung führt.