Der Fisch, dem man ins Hirn schaut: Neue Fischart in Myanmar entdeckt

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Kleiner Fisch mit sichtbarem Hirn
Kleiner Fisch mit sichtbarem Hirn Ralf Britz/Senckenberg Naturhistorische Sammlungen Dresden

NMBE-Wissenschaftler Lukas Rüber hat zusammen mit internationalen Kollegen eine neue Fischart aus der Gattung Danionella beschrieben. Aufgrund der fehlenden Schädeldecke und des transparenten Körpers ist das Gehirn der winzigen Kristallbärblinge im lebenden Fisch sichtbar. Sie gelten daher als ideale Modellorganismen in der Hirnforschung. Die Neuentdeckung wird heute im Fachjournal «Scientific Reports» vorgestellt.

Ihre Miniaturgröße und vereinfachte Anatomie verknüpft mit einem hochspezialisierten Kommunikationssystem machen die Fische der Gattung Danionella zu einem wichtigen Modellorganismus für neurowissenschaftliche Studien. Bei den nur zwischen 11 und 17 Millimeter grossen Kristallbärblingen können nämlich die Gehirnfunktionen erwachsener Tiere auf Zellniveau untersucht werden. «Die reduzierte morphologische Struktur dieser Fische stellt aber für Taxonomen ein ernsthaftes Problem dar, da sie viele Merkmale verloren haben, die sonst zur Unterscheidung von Fischarten dienen. Die genau Artzugehörigkeit des Organismus zu kennen, mit dem man als Forschungsmodell arbeitet, ist jedoch von entscheidender Bedeutung», erläutert Dr. Lukas Rüber vom Naturhistorischen Museum Bern.

Rüber und seine Kollegen Ralf Britz von den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen Dresden und Kevin Conway von der Texas A&M University ist es nun gelungen, eine neue Art der Gattung Danionella zu beschreiben. «Durch genetische Untersuchungen in Kombination mit klassischen taxonomischen Methoden konnten wir zeigen, dass es sich bei der in mehreren internationalen Labors untersuchten und als Danionella translucida bezeichneten Fischart tatsächlich um eine bisher unbekannte Art handelt», ergänzt Rüber.

Die neu entdeckte Kristallbärblings-Art ist höchstens 13,5 Millimeter lang und weist ein kleines Verbreitungsgebiet in Myanmar auf. Der Berner Ichthyologe erklärt: «Unsere genetischen Untersuchungen haben gezeigt, dass es nur eine entfernte Verwandtschaft zwischen dem echten D. translucida und unserer neuen Art gibt. In ihrem äusseren Erscheinungsbild sind die beiden Arten jedoch kaum zu unterscheiden, was die Sache noch problematischer macht, da sie an denselben Lokalitäten vorkommen.»

Das internationale Team hat den kleinen Fisch daher als neue Art wissenschaftlich beschrieben und ihre Anatomie genauer untersucht. Der neue Artname Danionella cerebrum macht mit dem Zusatz cerebrum, lateinisch für «Gehirn», darauf aufmerksam, dass der Fisch eines der kleinsten bekannten Wirbeltiergehirne besitzt und auch in der Hirnforschung als Modellorganismus verwendet wird.

Mehr dazu im Scientific Report von Ralf Britz, Kevin W Conway und Lukas Rüber. The emerging vertebrate model species for neurophysiological studies is Danionella cerebrum, new species (Teleostei: Cyprinidae): www.nature.com/articles/s41598-021-97600-0